Kette rechts bitte!

Wiederhole ich mich, wenn ich schreibe, dass die Natur speziell unser Bikematerial auf’s Äußerste fordert? Fahrradmäntel haben hier eine Halbwertzeit von einem Viertel bis maximal einem halben Jahr. Schläuche wechseln wir so häufig wie unsere Strümpfe, daher sind wir schon längst auf Milch umgestiegen, aber auch die muss alle Monate und nicht nur eimal pro Saison gewechselt werden. Gerissene Speichen sind an der Tagesordnung. Ketten müssen fast täglich gebürstet und ausgiebig geölt werden. Alles was sich bewegt und unter Spannung gerät ist in akuter Gefahr. Wir haben also ordentlich zu tun, bevor wir auf’s Rad steigen (pre care) und auch wenn wir wieder runtersteigen (post care).

Auf den technisch anspruchsvollen Trails und Wegen trifft man schon zu dieser Jahreszeit auf Schlangen, aber vor allem auf tiefe gefährliche Spurrillen, die die Wassermassen wie Ackerfurchen kreuz und quer gezogen haben UND auf die legendären spitzen Steine und Geröllmassen, die die Wege holprig, ruppig und materialvernichtend machen. Ein Paradies für Mountainbiker? Wohl wahr! Aber eigentlich eher für Downhiller auf schweren und gefederten DH Bikes oder Motorcrosser oder Quadfahrer. Unsere elitären filigranen auf „leicht“ getrimmten Racebikes sind hier wahrlich nicht die beste Wahl. Mir blutet das Herz jedes Mal, wenn mal wieder ein hochspringender Stein die Felgen, die Speichen oder gar den Rahmen meines wunderbaren Race-Fullys attakiert. Lieber wäre es mir, wenn ich meinen „Traktor“ unter dem Hintern hätte, dem die Rauheit der Natur vermutlich nur wenig ausmachen würde. 5 Kilo schwerer aber es verzeiht technische Fehler und ist geduldig wie ein Noriker (das ist ein mittelschweres, kräftiges und ausdauerndes Gebirgskaltblutpferd). Allerdings müsste ich dann vermutlich auch häufiger mal hechelnd absteigen, wenn der Weg sich mal wieder über Kilometer mit einer Steigung zwischen 14-22 Prozent den Berg hochschlängelt!

Daniela und Jan haben beide die MTB-DNA im Blut. Natürlich saß Jan schon kurz nach der Ankuft auf Zypern direkt das erste mal auf dem Bike (meinem wohlgemerkt) und tigerte die Straße hoch nach Bellapais und von dort in die Wildnis. Einen Tag später machten es Daniela und ich ihm nach. Und natürlich folgten noch viele weitere fast tägliche kleinere und größere Touren der beiden.

Mit Daniela zu fahren macht einfach nur Spaß! Sie ist der idealer Budy: technisch wahrlich eine Meisterin und grundsätzlich gut drauf bei jedem Wetter und jedem Umstand. So auch auf unseren größeren Touren.

Es ist wie im Juli 2021 bei der Bike-Transalp. Wir sind sofort wieder das eingespielte Team von damals. Als Bergziege führe ich berghoch, runter ist Daniela vorn und dirigiert mich sicher auch durch das anspruchsvollste Terrain. Volles Vertrauen, super Gaudi, kurzer Atem, Schweiß und Gelächter – so war das auch im Rennen. Nur, dass uns dort keine Schlangen über den Weg gelaufen sind.

Und dann passiert’s: Pffffffffff….. Das Geräusch, das der Mountainbiker sogar in der schnellen Abfahrt hört und gleichzeitig gar nicht hören möchte! Luft entweicht.

„Das ist das Ventil, nicht der Schlauch!“ „Meinst du echt?!“ „Sollen wir einfach nur aufpumpen und weiterfahren?““Wir müssen gleich noch über die Passstrasse, wenn da was mit dem Laufrad ist, wird es gefährlich. Lass uns besser den Schlauch komplett auswechseln.“ Gesagt, getan. Was bei den Männern immer so easy aussieht mit Mantel runter, Schlauch raus, neuer Schlauch rein, Mantel wieder drauf, Aufpumpen ist für uns echt Arbeit. Der Mantel ist schwer runter und noch schwerer wieder drauf zu bekommen. Aber schließlich haben wir es geschafft.

Auf der nächsten längeren Tour hatten wir auch wieder ein kleines „Technik-Erlebnis“. Der Spacer war plötzlich abgedreht und lies sich einfach nicht mehr festdrehen. Wir brachen in haltloses Lachen aus, denn es war ausgerechnet an dem Punkt, der am weitestens von zu Hause entfernt war. Die höchste Stelle unserer Strecke, die wir mit 14-22 Grad Steigung erklommen hatten 🥵 bevor es wieder in einen „wunderschönen Naturtrail“ (O-Ton Jan, der uns diese Strecke auf unser Garmin geladen und wärmstens empfohlen hatte) sehr steil runtergehen sollte. Mit losem Hinterrad möchte man das allerdings nicht fahren. Nachdem wir eine halbe Stunde vergeblich versucht hatten „das Ding“ hinzubekommen entschlossen wir uns doch mal die „Jungs“ anzurufen. Ende der Geschichte: Harald kam mit dem Quad und holte Dani samt Rad ab. Zu Hause angekommen entpuppte sich der Defekt als „Kleinigkeit“. Meine Erkenntnis daraus: ich werde Harald ab sofort nie mehr alleine am Bike rumschrauben lassen. Das muss „frau“ doch auch hinbekommen!

Witzig sind die Touren mit Dani trotzdem. Mit oder ohne technische Zwischenfälle. Und kaum ist man von einer Tour glücklich und verschwitzt zurück, freut man sich schon auf die nächste. Jan ist abends fleißig am „Touren basteln“ über Komoot und Starva für die kommenden Tage. Die Insel ist halt doch ein Biker-Paradies!


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